SCHWABEN/ ALEMANNEN
Leute, die den Südwesten Deutschlands
kennen, könnten leicht denken, dass man Schwaben (historisch auch „Sweben“
oder „Sueben“) und Alemannen selten in solch herzlicher Weise zusammensieht,
wie hier den Hirsch von Württemberg und den Greif (ein Fabelwesen) von
Baden...
... aber dieser Gedanke wäre falsch:
Der Grund: Unter den Alemannen sind „alle
Mann“ eigentlich Sweben - und alle Frauen selbstverständlich Swebinnen
...
... aber besser ganz zu den Anfängen
zurück:
Die Sweben bestanden stets aus
unterschiedlichen Gruppen, zu denen auch die historisch bedeutenden Langobarden
gehörten. Von Beginn der Geschichte an sind die Sweben von besonderer
Bedeutung unter den Germanen. Die Römer benannten sogar die ganze Ostsee nach
ihnen: „Mare Suebicum = Schwäbisches Meer, denn die Sweben lebten zunächst an
der Oder (Fluss). Heute wird der Name „Schwäbisches Meer“ als Spitzname für
den Bodensee gebraucht. - Als Zeichen eines Bedeutungsverlust
sollte man dies aber nicht betrachten, denn die moderne Welt, wie wir sie
kennen, gäbe es nicht ohne die Schwaben, ihre Erfindungen und ihren Fleiß.
Schon in der Antike hatten sie etwas
Besonderes an sich. Viele germanische Stämme legten Wert darauf, als Sweben
betrachtet zu werden. Ihre Traditionen wurden bis weit über die Grenzen
Germaniens hinaus als Merkmale der Germanen beschrieben. Als Kernvolk der
Sweben werden von Tacitus die „Semnonen“ genannt. Bemerkenswert ist auch,
dass Tacitus die Angeln zu den Sweben
zählte! - Geographisch erscheint dies aber „fragwürdig“.
Definitiv gesichert ist, dass Teile der
Sweben nicht nur den Südwesten Deutschlands eroberten, sondern bis nach Nord-Portugal
vordrangen, wo ein Swebisches Reich existierte, in dem die Sweben aber nur
die herrschende Schicht waren, wie in allen anderen germanischen Reichen in
Südeuropa.
Die swebische „Sprache“ ist
möglicherweise der am besten vorstellbare von allen alten germanischen
Dialekten, denn es ist bemerkenswert, dass die portugiesische Sprache sehr
anders klingt als die anderen romanischen Sprachen, aber dem heutigen
Schwäbisch durchaus sehr ähnelt. Optisch sind die Sweben in jedem Falle am
besten zu beschreiben: der Swebenknoten, für den die Haare auf einer Seite
des Kopfes zu einem Knoten gebunden wurden, ist in den antiken Quellen
allgemein bekannt und von der Archäologie ebenfalls bewiesen.
Römische
Bronzeskulptur eines Sweben (1.Jahrhundert). Auch die Zeichnung rechts
basiert auf einer römischen Darstellung. Beide zeigen die Sweben in
Leinenkleidung mit Gürtel und kurzem Umhang sowie dem typischen Swebenknoten.
Schwerer zu fassen ist der Begriff der Alemannen.
Es ist nicht mal klar, ob sie sich diesen Namen selbst gaben oder ob er nur
von den Römern für sie verwendet wurde. Schon in der Antike wurde er als
Ausdruck eines Gemischs von unterschiedlichen Gruppen interpretiert. Da sie
von den Sweben archäologisch nicht zu trennen sind, muss dies aber nicht als
Gegensatz zum Namen „Sweben“ verstanden werden. Der Begriff „Alemannen“
scheint vielmehr eine Verbindung von Sweben aus unterschiedlichen
Swebengruppen zu beschreiben, die in der Völkerwanderung gemeinsam in den
deutschen Südwesten zog. Später scheinen zusätzliche Sweben aus dem Osten zu
ihnen gekommen zu sein.
Ein Fakt ist in jedem Falle, dass die
Namen „Alemannen und „Sweben“ früher für die gleichen Menschen verwendet
wurden. Auch das Stammesherzogtum Schwaben hieß zunächst Alemannien. Bis
heute leben Elsässer, Deutschschweizer, Vorarlberger(Österreich),
Badener und Württemberger sowie die Menschen im Bezirk
„Schwaben“ im Westen des Freistaats Bayern in diesem Gebiet und nennen sich
Alemannen oder Schwaben. Auch das Stammland der späteren preußischen Könige
und letzten deutschen Kaiser (Hohenzollern) ist ein schwäbisches
Territorium.
Im britischen Englisch werden die Deutschen
Schäferhunde auch „Alsatian Dog = Elsässischer Hund“ genannt.
Die Württemberger nennen die Badener
„Gelbfüßler“. Beides passt zu unserem Alemannen: Hecker
Ebenso sehr wie es für die Schwaben in
Bayern wichtig ist, keine Bayern zu sein, sondern Schwaben(!),
gehört die schwäbische Identität fest zu den Württembergern und den
Schwaben im ehemaligen Hohenzollern, auch wenn sie einst zu Preußen
gehörten.
Alle anderen verstehen sich heute jedoch betont als Alemannen.
Kompliziert? - Teilweise wirr? -
Nun ja, es könnte schlimmer sein, wenn man bedenkt, dass dies das
dritte Jahrtausend ist, in dem Menschen als Schwaben und Alemannen in
ihrer Heimatregion leben. - Eigentlich sind die Schwaben/ Alemannen
sich noch immer alle sehr ähnlich (aber erzählen sie ihnen das besser nicht
...). Das Brauchtum und die Dialekte sind extrem eng verwandt.
Auch vom einst so bewunderten Sweben
scheint immer etwas erhalten geblieben zu sein. Vom Entstehen des Alten
Reichs, bis zu seinem Ende (1806) war den Schwaben das sogenannte
„Vorstreitrecht“ garantiert. Das bedeutet, dass sie das Recht hatten,
militärische Angriffe zu führen, indem sie vorauseilen. Schwaben schützten und trugen auch in
allen Schlachten die Reichssturmfahne (seit der Zeit von Karl dem Großen um
das Jahr 800 herum). Später waren die Kaiser der schwäbischen Linie der
Staufer die erfolgreichsten und meistrespektierten Kaiser des
Mittelalters. Die Hohenzollern bauten den preußischen Staat auf und die
Habsburger (ursprünglich aus der heutigen Schweiz) machten Österreich zur
wichtigsten Macht der deutschen Geschichte.
Um 1500 erreichten die
Händler der Familie Fugger neue wirtschaftliche Dimensionen. Sie
wurden nicht nur wichtig als Kreditgeber von Kaiser Karl V., sondern bauten
in Augsburg auch die erste Sozialsiedlung. Die sogenannte „Fuggerei“
wird heute noch bewohnt - genau wie ein gewisser Kontinent,
der 1507 von dem alemannischen Kartographen Martin Waldseemüller (aus Radolfzell, heutiges
Baden) benannt wurde: Amerika - Juhu!!!
Dass der schwäbisch-alemannische Südwesten
streitbar ist, hat seine Vorteile, denn er ist (sozusagen) das Herz deutscher
Demokratie und Freiheit. Hier entstand die direkte Demokratie der Schweiz,
hier ereigneten sich große Bauernaufstände, Jahrhunderte vor den Revolutionen
in Amerika und Frankreich, hier begann der deutsche Parlamentarismus, hier
kämpfte der Badener Friedrich Hecker und es war das
Schwabenland, wohin sich 1849 die Nationalversammlung ebenso wie die
demokratische Reichsregierung 1920 zurückzogen.
Der Schwabe Erwin Rommel wurde zum
gefürchtetsten und gleichzeitig respektiertesten deutschen General des
Zweiten Weltkriegs. In beiden Weltkriegen erhielt er die höchsten Orden. Nach
der Invasion der Alliierten beabsichtigte er, die Westfront zu öffnen, um
sinnloses Sterben auf beiden Seiten zu verhindern und Deutschland vor
weiterem Schaden zu bewahren. Grausame Ironie der Geschichte: es war der
Angriff eines alliierten Flugzeugs, der ihn schwer verwundete und stoppte.
Rommels Stabschef, General Hans Speidel, war ein Württemberger wie
Rommel und ein wichtiger Angehöriger des Widerstands in der Wehrmacht. Auch
Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg war Württemberger. Er führte
den Staatstreich gegen die Nazi-Tyrannei vom 20. Juli 1944. Anschließend
verursachten der Krieg und die Naziverbrechen mehr Todesopfer als in den fünf
Kriegsjahren zuvor! All dieses Leid wäre vermieden worden.
Und zum Abschluß: Das Symbol für den badischen KAMPF
für Freiheit und eine gesamtdeutsche Republik ist bis heute der „Heckerhut“,
dessen Krempe auf der einen Seite nach oben und auf der anderen Seite weit
nach unten gedreht ist.
(1) Friedrich Hecker, als Anführer des
Heckerzuges im Badischen Aufstand (mit Heckerhut) und als Oberst der
U.S.-Armee im Bürgerkrieg (2).
(3) Oberst Claus Graf Schenk von
Stauffenberg - ein Intellektueller in Uniform. Er gab
sein Leben für die Deutsche Ehre und wollte Millionen Menschen retten.
Der
Weise Herzog „Eberhard im Bart“ von Württemberg (1445-1496) mit der
Reichssturmfahne.
General Feldmarschall Erwin Rommel mit dem Pour
le Mérite (I. WK) und dem Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes mit Eichenlaub,
Schwertern und Brillanten (II. WK)
Dies soll aber nicht den Eindruck
verursachen, dass Schwaben besonders martialisch wären. Vielmehr neigen die
Schwaben dazu, fast alles zu verniedlichen. Dann bekommen Worte im
schwäbischen ein „le“ am Ende. - Zum Beispiel „Heckerle“. -
Die Schweizer machen es ähnlich: Zum Beispiel „Heckerli“. -
Sie gelten als besonders langsam. Vielleicht ist dies der Grund, warum
die Schweizer bis heute ein altes Reichsbanner benutzen, das im Rest von
Deutschland schon im Mittelalter unterging ...
Dafür ist es mehr als bemerkenswert, wie
Demokratie und Brauchtum bei den Schweizern verbunden sind. Die Menschen
gehen nicht einfach zur Wahl. Manche Abstimmungen sind wie Feste, mit
Trachten und Degen, mit denen man seine Entscheidung zeigt. -
Einfach großartig! Traurig ist nur, dass Frauen für laaange Zeit nicht
Wählen durften, aber andererseits:
Wie könnte man von Männern, die zuhause Angst vor einem Nudelholz
haben, erwarten, dass sie Frauen in der Öffentlichkeit einen Degen geben?!
...
Berühmt ist die Sage über den mutigen
Freiheitskämpfer Wilhelm Tell, der gezwungen wird,
auf einen Apfel auf dem Kopf seines Sohns zu schießen. Die Figur eines
Jägers, der in Richtung seines eigenen Sohns schießen muss, existierte
bereits als Egill in älteren germanischen Sagen.
Was die Größe der Schwaben/ Alemannen und
ihren heutigen (stillen) „Weltruhm“ vor allem ausmacht, ist ihr enormer
Erfindungsgeist:
Schwaben/ Alemannen erfanden den
Zeppelin, das Motorboot, das Auto, das Motorrad, das Schweizer Armeemesser,
die Zeitung, die Schreibmaschine, den Computer, das Fahrrad, das
Düsenflugzeug, das astronomische Fernrohr, Solarenergieanlagen, die
Relativitätstheorie, den Teddybär und das Stofftier im allgemeinen!
Diese Liste von Erfindungen sollte bei
weitem nicht für vollständig gehalten werden, aber sie zeigt bereits, dass
die moderne Welt und vor allem das moderne Amerika nicht vorstellbar wäre
ohne die Schwaben/ Alemannen.
Johann Keppler erfand das astronomische Fernrohr
und entdeckte die nach ihm benannten Gesetzte der Planetenbewegung.
Die „Mutter“ aller Stofftiere: Margarethe
Steiff. An den Rollstuhl gefesselt, gründete sie, in einer hierfür
„ungeeigneten“ Zeit, als Frau ein Unternehmen und prägte die Kindheit von
Milliarden Menschen auf wundervollste Weise!
- Ihr Bär erhielt in Amerika
den Namen „Teddy“, weil die Plüschbären das Land „eroberten“, kurz nachdem
Präsident Theodor „Teddy“ Roosevelt es auf einer Jagd vermieden hatte, einen
kleinen Bären zu erschießen. - Vermutlich machen die exportierten
Stofftiere von Steiff die Schwaben bis heute zur größten Gruppe von deutschen
Einwanderern nach Amerika ...
... andererseits ist das vermutlich relativ
... – Der Kopf hinter der
Relativitätstheorie: Albert Einstein
Typisch für den badisch und
württembergischen Schwarzwald ist die Kuckucksuhr, die jeder Amerikaner
kennt. Sie war aber vor allem ein Exportartikel, weil sie (ebenso wie
heutige schwäbische Produkte) einst absolutes „Hightech“ war. -
Der weitreichendste schwäbische Export aber ist die „Ode an die
Freude“, deren Text vom schwäbischen Dichter Friedrich Schiller geschrieben
wurde und die Ludwig van Beethoven zum weltberühmten Teil seiner 9. Symphonie
macht. Nach dem wertvollsten Kulturgut der Menschheit gesucht habend,
wurde sie von der NASA in die weiten des Weltalls geschossen, um vielleicht
eines Tages einer außerirdischen Zivilisation die Größe menschlicher
Geisteskraft zu zeigen. - Oh, ja die Schwaben! Wären sie nicht
genauso bescheiden wie sparsam, man hätte ihnen längst
Denkmäler gebaut, die man nicht so weit wie möglich von der Erde wegschießt
...
(1) Friedrich Schiller - Inbegriff des freiheitsliebenden
Schwaben. Die „Ode an die Freude“ hieß eigentlich „Ode an die Freiheit“.
(2) Der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich
Hegel - (3) Revolutionär und Dichter: Georg Herwegh - (4)
Der Dichter Friedrich Hölderlin
Neben dem alten Schwabenland gibt es auch
noch ein „Neuschwabenland“. Es befindet sich an der Küste der
Antarktis. Wenn man seinen Finger vom Schwabenland aus geradewegs nach Süden
bewegt, kommt man exakt hin.
Noch eine schwäbische Erfindung: Die Brezel -
inoffizielles Stammessymbol ...
- und irgendwie natürlich auch
eine Form von „Swebenknoten“ ...
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